Zwischenstopp in Seoul
- simonlehnerer
- 14. Sept.
- 2 Min. Lesezeit
Die ersten Unterschiede, die mir in Südkoreas Hauptstadt Seoul im Vergleich zu Japan auffallen: Viel mehr Menschen rauchen, aber auch deutlich mehr treiben abends mitten in der Stadt Sport. Die Autos sind größer, viele SUVs, die Reklamen zeigen häufiger westliche Marken. Auf den Straßen sehe ich Gruppen lachender Menschen mit Bier in der Hand. Sie wirken offener, weniger zurückhaltend als in Japan. Doch die Stadt ist auch etwas schmutziger.

Seoul empfängt uns mit einer Mischung aus monumentaler Geschichte und moderner Leichtigkeit. Zwischen glänzenden Hochhäusern und unzähligen Kaffeebars ragen Gebäude aus einer längst vergangenen Zeit hervor. Eigentlich wollten wir die berühmte Wachablöse am Gyeongbokgung-Palast sehen – eine Zeremonie mit Trommeln, Fahnen und Soldaten in historischen Uniformen, wie Europäer sie aus London kennen. Doch ausgerechnet am Dienstag legt das Ritual eine Pause ein, und so bleiben uns nur die stillen Höfe, die großen Hallen und der Blick auf die bewaldeten Berge im Hintergrund. Hier residierten einst die Kaiser der Joseon-Dynastie. Ein kostenloses Museum im Palast erzählt ihre Geschichte.

Zurück in der Gegenwart fallen mir sofort die vielen Cafés in der Stadt auf. Fast an jeder Ecke locken Eiskaffees, Bubble Tea, Matcha-Latte oder extravagante Drinks mit Früchten, Jelly und Sirup. Die Preise sind überraschend niedrig – jedenfalls im Vergleich zu Deutschland. Wir lassen uns treiben, probieren uns durch und stellen fest: Kalte Getränke in der Hand gehören hier genauso zum Alltag wie Kimchi.

Vielfältig wirkt Seoul auch in seinen Stadtvierteln. In Gangnam, das durch den gleichnamigen Popsong von Psy mit dem markanten Tanz Weltruhm erlangte, funkeln Glasfassaden und Einkaufszentren. Alles fühlt sich hier eine Spur schicker, schneller, teurer an. In Hongdae sieht alles wiederum etwas cooler aus: Secondhand-Läden, Graffiti, stylische Menschen. Ganz anders ist Insadong, wo kleine Teehäuser, Kalligraphie-Läden und Kunstateliers eine traditionelle Atmosphäre verströmen. Wer eine tolle Aussicht über die Stadt in alle vier Himmelsrichtungen sucht, sollte sich die mehr als 800 Stufen zum Seoul-Tower hinaufquälen. Oder den Bus nehmen, aber dann hat man sich den View nicht wirklich verdient.

Auf dem Gwangjang-Markt reihen sich Stand an Stand, Töpfe dampfen, Pfannen brutzeln und Verkäufer versuchen, einem unbedingt etwas anzudrehen. Der Duft von frittiertem Teig, Knoblauch und Brühe hängt in der Luft. Wir probieren Fish-Cakes am Spieß, eine Art Fischteig in heißer Brühe – nicht so mein Fall. Außerdem gibt es die typisch koreanischen Bindaetteok, knusprig gebratene Mungobohnenpfannkuchen. Die sind wirklich lecker. Der Markt ist eng, laut, chaotisch – und genau deshalb so authentisch. Alle Speisen kosten nur ein bis drei Euro.

Ernster wird es am War Memorial of Korea, dem Museum zum Koreakrieg. In den drei Jahren von 1950 bis 1953 verloren laut Schätzungen rund 4,5 Millionen Menschen ihr Leben. Schon die riesigen Statuen vor dem Eingang, den gefallenen Soldaten gewidmet, lassen die Dimension dieses Konflikts erahnen.
Im Inneren erzählen Fotos, Dokumente, Waffen und persönliche Berichte von einer Zeit, die das Land geprägt hat und bis heute nachwirkt – schließlich ist die Grenze nach Nordkorea nur rund eine Autostunde entfernt. Der Besuch macht nachdenklich und zugleich Lust, noch tiefer in die Materie einzutauchen. Genau das hält die Tagestour am nächsten Tag bereit.







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