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Saigon und das Mekong-Delta

Vom entspannten Hoi An in Zentralvietnam machen wir einen großen Sprung in den Süden. Es geht in die größte und geschäftigste Stadt des Landes: Ho-Chi-Minh-Stadt, das frühere Saigon. Die vietnamesische Metropole empfängt uns mit Motorrollern, so weit das Auge reicht, Straßenverkäufern aller Art und blinkenden Schildern. Es ist anders als Hanoi – irgendwie noch lauter und greller, mit mehr Neonreklamen, höheren Gebäuden und breiteren Straßen. Hinter dieser modernen Fassade steckt jedoch eine Stadt mit bewegter Geschichte.


Ho-Chi-Minh-Stadt funkelt bei Nacht.
Ho-Chi-Minh-Stadt funkelt bei Nacht.

Bis 1975 trug sie den Namen Saigon und war die Hauptstadt Südvietnams. Nach dem Ende des Vietnamkriegs wurde sie zu Ehren des Revolutionärs Ho Chi Minh umbenannt. Unter französischer Kolonialherrschaft war Saigon einst als „Perle des Ostens“ bekannt. Heute zeugen davon noch elegante Boulevards, Kolonialbauten und Cafés im Pariser Stil. Doch kaum ein anderer Ort erinnert so eindrücklich an die Schrecken des Krieges.


Ein Plakat im Kriegsmuseum in Saigon. Es stammt aus der DDR.
Ein Plakat im Kriegsmuseum in Saigon. Es stammt aus der DDR.

Ein Besuch im Kriegsmuseum ist nichts für schwache Nerven. Zwischen Panzern, Helikoptern und eindrücklichen Fotoserien wird die ganze Grausamkeit des Vietnamkriegs sichtbar. Aufgeteilt in verschiedene Bereiche zeigt die Ausstellung den Verlauf des Krieges und seine Folgen für die Bevölkerung. Besonders der Teil über Agent Orange, das von den USA eingesetzte Entlaubungsmittel, geht unter die Haut. Bilder von verstümmelten Kindern, die noch Generationen später mit deformierten Gliedmaßen geboren wurden, machen fassungslos.


Mir war vorher nicht bewusst, welche schiere Menge an Bomben im Vietnamkrieg abgeworfen wurde. Im Zweiten Weltkrieg wurden insgesamt rund 5 Millionen Tonnen Bomben und Artilleriegeschosse eingesetzt. Im Vietnamkrieg fielen etwa 14 Millionen Tonnen an Bomben und Geschossen auf Vietnam, und Teile von Kambodscha und Laos herab. Das entsprich fast der dreifachen Menge.


Eine Infotafel vergleicht den Zweiten Weltkrieg mit dem Koreakrieg und dem Vietnamkrieg.
Eine Infotafel vergleicht den Zweiten Weltkrieg mit dem Koreakrieg und dem Vietnamkrieg.

Thematisch anschließend fahren wir am nächsten Tag zu den Cu-Chi-Tunneln, einem weit verzweigten unterirdischen Netz, in dem sich die Vietcong, die kommunistischen Kämpfer Nordvietnams, während des Krieges versteckten. Enge Gänge, teils nur kniehoch, führen unter der Erde entlang. Beim Durchkriechen wird schnell klar, wie dunkel, stickig, feucht und angstbesetzt das Leben hier gewesen sein muss.



Unser Guide erklärt uns, dass die Tunnel für Touristen heute sogar vergrößert wurden.

Die USA hatten zwar die bessere Ausrüstung, moderne Waffen und Kampfhubschrauber, doch die Vietcong kannten ihr Terrain, den Dschungel, bis ins Detail. Mit Fallen, Taktik und ihrem Tunnelsystem konnten sie Widerstand leisten. Am 30. April 1975 nahmen sie Saigon ein und beendeten damit einen jahrzehntelangen Krieg.


Zurück in der Stadt widmen wir uns leichteren Themen. Am Abend stürzen wir uns ins Nachtleben der Bui Vien Street, der bekannten Partymeile Saigons (viele Bewohner benutzen für ihre Heimatstadt noch immer den alten Namen). Laute Musik dröhnt aus jeder Bar, es riecht nach Streetfood, und alle paar Meter versucht uns jemand mit dem Versprechen einer „Happy Hour“ in seine Bar zu locken.


Die Bui Vien Street ist abends rappelvoll.
Die Bui Vien Street ist abends rappelvoll.

Zwischendurch versuchen wir, den hartnäckigen Schuhputzern und Sonnenbrillenverkäufern zu entkommen – nicht immer mit Erfolg. Wir lassen uns treiben, trinken Cocktails in Tiki- und Rooftop-Bars und landen letztendlich in einer eigenartigen Karaoke-Bar. Dort schreien möglicherweise angetrunkene Vietnamesinnen den vernuschelten Text zu "Gangnam Style" und "Gentleman" von Psy in hochgepitchte Mikrofone. Psy scheint in Vietnam beliebt zu sein, wie wir schon in Hoi An gemerkt haben. 99 Luftballons von Nena wollen sie jedenfalls nicht hören, obwohl wir uns wirklich Mühe geben.


Die Saigoner Partycrew hat gute Laune.
Die Saigoner Partycrew hat gute Laune.

Nach dem Stadttrubel zieht es uns auf eine zweitägige Tour ins Mekong-Delta, die grüne Lebensader des Südens. Der mächtige Fluss verzweigt sich hier in unzählige Arme, durchzieht Dörfer, Felder und kleine Inseln. Wir genießen eine Bootsfahrt durch schmale Kanäle unter Palmen.


In schmalen Booten fahren wir durch die Kanäle.
In schmalen Booten fahren wir durch die Kanäle.

In einer kleinen Werkstatt auf der Kokosnussinsel erfahren wir, wie aus der Frucht alles verwertet und zu Öl, Getränken, Tierfutter oder Süßigkeiten weiterverarbeitet wird. Auf einer Bienenfarm bekommen wir Honigtee von vietnamesischen Wildbienen angeboten und machen Bekanntschaft mit einer großen Python namens Naan.


Meine neue Freundin Naan und ich.
Meine neue Freundin Naan und ich.

Später geht’s mit dem Fahrrad vorbei an Reisfeldern, Drachenfruchtplantagen und einer Kampfhahn-Zucht. Am Nachmittag paddeln wir mit dem Kajak über einen Fluss und hören schon von Weitem das fröhliche Karaoke aus unserer Unterkunft.


Mit dem Kajak im Mekong-Delta.
Mit dem Kajak im Mekong-Delta.

Das Homestay mitten im Delta ist einfach, aber herzlich. Am nächsten Tag stehen wir barfuß im Schlamm und lernen, wie Reissetzlinge gepflanzt werden. Danach zeigt man uns, wie man einen Catfish fängt – gar nicht so leicht, wenn man nur ein großes Sieb dafür hat. Die beiden Tage im Mekong-Delta vergehen viel zu schnell. Wir erleben so viele tolle Momente, dass die Rückfahrt nach Saigon fast zu früh kommt. Eine geführte Tour kann ich jedem ans Herz legen!

 
 
 

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